Ein Treffen mit der Einsamkeit.
Ich sitze mit ihr am Tisch, es gibt bitteres Essen. Meine Gabel zielt nicht aufs Teller, sondern in sie selbst. Ich zerkleinere sie, sie ist mein. Wer sich mit der Einsamkeit anfreundet ist schon gar nicht mehr allein. Ich lernte sie kennen, lauschte ihren Geschichten. Sie erzählte immer nur von mir, meinen Gedanken, meinem Leben, so wie ich es wahrnahm. Sie erzählte das, was ich sonst nicht erzählte. Diese Vorfälle, Ereignisse, Gefühlsregungen sind sonst gut verpackt, verstaut und schwer zugänglich. Die Einsamkeit vermag es, sie hervorzukramen. Sie hält sie mir vor, lässt mich sie nochmal durchleben, ansehen, fühlen. Scharmlose Konfrontation. Die Einsamkeit ist wie ein Spiegel, jedoch lacht kein Gesicht mit nazistischem Blick heraus, sondern die Ehrlichkeit, ungeschönt.
Und ist dann alles ausgebreitet, angesehen, mein Körper erschöpft von der harten Arbeit- Versöhnt sie. Sie klebt, kittet, kreiert neu. Samenkörner fallen auf fruchtbaren Boden. Ich pflege sie, sie wachsen. Versöhnung. Definition des Wesentlichen im Leben. Neustart.
Die Einsamkeit ist stolz auf mich. Stolz, dass ich den Mut und die Ausdauer hatte, ihr ins Gesicht zu schauen. Die schmerzhaften Gefühle zu fühlen. Die Schläge auf meinem Lebensweg anzunehmen. Die unrühmlichen Seiten meiner Lebensgeschichte zu betrachten, sie ans Licht zu bringen, ihnen Luft zu geben. Daraus neues wachsen zu lassen. Nun ist sie fertig mit mir und ich mit ihr. Ein junger Garten, voller kleiner Pflanzen und ersten Blüten bleibt.
Lebendigkeit, Verbundenheit, Kraft.
Doch jetzt steht sie auf und kehrt mir den Rücken. Jetzt ist sie weg, ich bin ohne sie. | Doch jetzt stehe ich auf und gehe, lass mich wieder neu von der Welt inspirieren und wirke in ihr. | Ich nehme den letzten Bissen auf die Gabel. Sie ist weg, ich bin da, sie hat mich genährt. |
Die Einsamkeit lässt erkennen, wo Vergebung notwendig ist.